Reisen in Tyria: Kapitel zwei

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Dies ist eine offizielle Hintergrundgeschichte während Staffel 3 der Lebendigen Welt.

→ Siehe auch: News

Geschichte[Bearbeiten]

Reisen in Tyria Kapitel zwei.jpg

„Die Insel des Trauernden Steins.“ Mit diesen Worten hielt ich am Anfang des Pfades ein. Mir war nicht ganz wohl dabei, die Straße zu verlassen. „Was für ein schauderhafter Name.“
„Squork“, entgegnete Momo. Ihre Federn sträubten sich. Sie war abgelenkt von den Quallen, die im Wasser ihre Kreise um Fischernetze und Seetang zogen. Anscheinend bereitete es ihr weniger Sorgen als mir, wenn wir uns der Heimat der Lautlosen näherten. Uns fehlten noch eine Wegbeschreibung und Vorräte, doch ich wollte den Mabon-Markt – und die Asura-Forscher, die sich dort herumtrieben – wenn möglich meiden.
Die Insel des Trauernden Steins hatte große Ähnlichkeit mit den anderen Sylvari-Siedlungen, die wir auf unserem Weg durch den Caledon-Wald gesehen hatten. Sie war allerdings vom Wind und dem Meer gezeichnet. Ein Windspiel aus flachen Muscheln und Schilf hing über einem Eingang und klapperte in der warmen Brise. Am Himmel war keine Wolke zu sehen und die See war ruhig. Die Insel wirkte ganz und gar nicht so, als müsste man hier trauern. Eher lud sie zu einem Nickerchen ein. Wenn man genauer hinsah, konnte man jedoch tiefe Einschnitte in den Stielen des nahegelegenen Breitblatt-Hauses sehen. Es wirkte ganz so, als hätte sie jemand mit einem Beil bearbeitet. Der Pfad zu der kleinen Insel war ausgetreten. Man konnte ein Durcheinander von Fußspuren erkennen. Es war sehr, sehr ruhig.
Das meiste, was ich über die Lautlosen wusste, war nur Hörensagen. Und es war nichts Gutes. Es hieß, sie hätten die Paktflotte im Maguuma-Dschungel vernichtet. Oder sie hätten sich gesammelt und wären in Richtung Norden marschiert, um sich den Truppen des Dschungeldrachen anzuschließen. All das war nachweislich falsch. Ich selbst hatte vor Kurzem einen Lautlosen in Rata Sum gesehen, doch wie sollte ich mich verhalten, wenn ich einem begegnete? Sollte ich freundlich sein? Oder trübsinnig und ruhig?
„Was meinst du?“, fragte ich Momo. „Spazieren wir da einfach hin und sagen Hallo?“
Momo trällerte und stellte sich auf die Zehen, ganz so, als freue sie sich, jemanden zu sehen. Ich drehte mich zur Straße, da ich wissen wollte, wen Momo entdeckt hatte.
Die größte Sylvari, die ich je gesehen hatte, kam auf uns und die Insel zu. Sie war braun und grün, hatte wallendes, farnartiges Haar und hatte eine Statur wie ein Baum. „Eine Besucherin“, sagte sie, als sie uns erblickte. Sie schob sich an Momo und mir vorbei und stellte sich zwischen uns und die Insel des Trauernden Steins. Sie kniete sich mitten auf dem Pfad hin, setzte ihren Rucksack ab und packte ihn aus. „Obst? Werkzeug? Das könnt Ihr direkt hier bei mir kaufen.“
Irgendetwas in ihrer Stimme ließ mich zögern. Ich hatte nicht das Gefühl, dass eine Gefahr von ihr ausging – und Momo zwitscherte neugierig – doch die Stimme der Sylvari erinnerte mich an die leitenden Wissenschaftler, die ich unangekündigt besuchen musste. Bis zur Tür war ich willkommen, aber bitte keinen Schritt weiter.
„Lebt Ihr hier?“, platzte es aus mir heraus.
Die Sylvari blickte mich skeptisch an. „Werkzeug? Wenn Ihr einen weiten Weg vor Euch habt, solltet Ihr vorbereitet sein. Gehört Ihr zur Kru?“
„Meine … Nein, ich habe keine Kru. Welche Kru?“
„Dort drüben.“ Sie deutete in Richtung des Mabon-Markts. „Sie meinten, sie wollen die Feuerinsel erforschen. Sagt Euch das etwas?“
„Nein.“ Ich dachte nach. „Der einzige Ort, der mir einfällt, liegt im Süden. Und zwar weit im Süden. Ich will nur ins Königintal.“
Die Sylvari rollte eine dicke Schilfmatte aus und legte Sammelwerkzeuge, rote Äpfel und ein großes Stück Stachelfrucht, das in ein Blatt gewickelt war, darauf. Die Äpfel stachen Momo sofort ins Auge. Sie wandte ihren Kopf der Sylvari zu und quiekte.
„Pfui, Momo! Nicht betteln!“, sagte ich missbilligend. „Es tut mir leid. Sie ist Fremde nicht gewöhnt.“
Momo gab einen kurzen, erbarmungswürdigen Laut von sich, wie ein hungriges Küken. Dann platzierte sie ihren Schnabel unter der Hand der Sylvari. Die Frau machte große Augen und lachte schließlich. „Sie scheint ja doch an Fremde gewöhnt zu sein“, bemerkte sie. Ihr Gesichtsausdruck wurde weicher. „Wir beide hingegen sind es wohl eher nicht. Deiniol.“
Es dauerte einen Moment, bevor ich begriff, dass sie sich gerade vorgestellt hatte. „Ich bin Vikki. Und das ist …“
„Momo, ja.“ Deiniol tätschelte sie und hielt ihr mit der flachen Hand einen Apfel hin. Momo verschlang den Apfel mit einem Happs.
„Geht das in Ordnung?“ Ich machte mir Sorgen um meinen Geldbeutel.
„Der war gratis. Ihr Betteln war erfolgreich.“ Deiniol wusch sich im Wasser den Saft des Apfels von den Händen. „Was gibt es im Königintal?“
„Moa-Experten. Momo ist krank. Unter Umständen. Ich bin mir nicht sicher.“ Ich zögerte. „Sie muss untersucht werden.“
„Sie macht mir einen gesunden Eindruck. Hier in der Gegend gibt es auch rosa Moas, doch Momo hat den stattlichsten Schnabel, den ich je gesehen habe.“
Ah. Das war ein Thema, das sich vertiefen ließ. „Das liegt daran, dass sie kein rosa Moa ist. Also eigentlich schon, aber nicht laut wissenschaftlicher Klassifizierung. Sie ist ein schwarzer Moa in einer blasseren Farbe.“
Immer wenn ich das Schülern erklärte, hatten sie mir entweder Einiges voraus und wollten nur mit Momo spielen oder waren vom Thema generell gelangweilt. Deiniol schien jedoch beeindruckt zu sein. „Wo habt Ihr nur so einen prachtvollen Vogel gefunden?“
„Oh.“ Ich wusste natürlich, dass Momo ein tolles Tier war, aber … „Niemand sonst wollte sie.“
„Wirklich? Trotz ihrer hübschen Farbe?“
Momo putzte sich mit stolzgeschwellter Brust. Manchmal bin ich davon überzeugt, dass sie unsere Sprache versteht. „Variationen in der Pigmentierung von Vögeln wurden bereits umfassend dokumentiert. Und für einen Waldläufer fällt sie einfach zu sehr auf.“, erklärte ich.
Deiniol sah mich lange an. „Warum wolltet Ihr sie?“
„Ich mag Rosa. Außerdem schlief Momo ein, als ich sie zum ersten Mal im Arm hielt.“
„Ich verstehe.“ Sie lächelte mir zu. „Dann haben wir beide wohl ein Auge für Qualität.“
Ich erwiderte ihr Lächeln, beugte meinen Kopf vor und murmelte eine höfliche Floskel. Letztendlich kaufte ich ihr alle Äpfel ab. Zu meiner Verteidigung: es waren sehr gute Äpfel.
 

von Vikki am 12. September 2016